Spezialitäten

Gans, ganz lecker zu Weihnachten? Nehmt die aus dem Osten!

Die Weihnachtsgans ist für viele das kulinarische Highlight zum Fest. Oft sorgt sie aber auch für reichlich Diskussionsstoff.

Knappes Unentschieden bei der Weihnachtsgans im Fernsehen

Meine Geschichte von der Weihnachtsgans beginnt erstmal mit einer Tragödie – mit der Sendung „Die Weihnachtsgans-Tragödie“. Damals im Jahr 2014 hatte 3sat die damals schon etwas ältere Doku mal wieder zum Besten gegeben. Bestimmt wird diese bald wieder ausgekramt. Zunächst zeigte der Besuch beim deutschen Bio-Bauern eine Idylle für die Gänse. Ja, die haben es gut. Dann ging es zum mit 1,7 Millionen Gänsen vielleicht größten Gänseproduzenten Europas, zu Tranzit-Ker in die ungarische Puszta. Immerhin haben sich die Lebensbedingungen der Gänse dort gebessert, heißt es in der Sendung, aber grüne Wiesen seien Fehlanzeige. Die Bilder sollen es belegen. Man hätte mal die Kamera auch etwas weiter ins Gelände halten können, um grünere Wiesen zu sehen. Außerdem ist die Puszta ein sehr empfindliches Ökosystem, wo bei Trockenheit das Grün schon mal knapper wird. Bei der eigenen Fahrt durch die Puszta haben wir jedenfalls unzählige Gänse glücklich auf grünen Wiesen angetroffen.

Gänse in der Hortobágy-Puszta
Gänse in der Hortobágy-Puszta

Weiter zeigen Archivbilder der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ die Grausamkeit des Lebendrupfes, wenn den Gänsen also bei lebendigem Leibe Federn und Daunen ausgerissen werden. Das ist für die Tiere sehr schmerzhaft, für die Halter aber lukrativ, denn sie können so mehrmals zu verschiedenen Zeiten Federn und Daunen gewinnen. Dieser Verkauf bringt oft mehr ein, als der vom Handel gedrückte Preis der geschlachteten Gans. Das ist beziehungsweise war mit eine Erklärung, wie überhaupt eine Gans so preisgünstig auf den Markt kommen kann.

Allerdings praktizieren die meisten großen Hersteller dies seit mehreren Jahren nicht mehr. Genau das bestätigt auch „Vier Pfoten“ auf einer Positivliste der großen Hersteller. Inzwischen stammt die große Mehrheit aller Daunen und Federn aus Totrupf, also den Federn der geschlachteten Gänse, und so ist das Ganze eigentlich auch gedacht – dass die Gans erst Federn lässt, wenn sie tot ist.

Der SWR hat da also wohl ein schwarzes Schaf unter den Haltern erwischt, die Mehrheit macht es anders. Und von denen sollte man dann kaufen. Viele weisen per Etikett auf der Tiefkühl-Gans aus, dass weder Lebendrupf noch Stopfmast im Betrieb praktiziert werden.

Danach vergleicht die Sendung aber mal wieder die billige Frost-Gans mit der fast zehnmal so teuren deutschen Bio-Gans. Wie wird wohl dieser unfaire Vergleich ausgegangen sein?

Wenige Tage später testete Sternekoch Nelson Müller auf dem ZDF verschiedene typische Speisen der Weihnachtstage (die Sendung von 2014 findet man noch auf YouTube). Und da ist sie wieder – die Weihnachtsgans mit fast den gleichen Bildern aus Ungarn. Immerhin zeigt man hier auch noch einen anderen ungarischen Züchter, bei dem es die Gänse deutlich besser haben. Dann folgt wieder der eigentlich absurde Geschmackstest im Vergleich zwischen einer frischen deutschen Bio-Gans und einer gängigen ungarischen Frost-Gans. Sie war von Goldenfood und damit sind wir wieder beim Erzeuger Tranzit-Ker aus der Puszta.

Überraschenderweise ging die Verkostung eben nicht 10:1 für Bio aus. Beim Für und Wider an Argumenten blieb zwar die Bio-Gans noch knapp in Führung, das muss aber nicht mal am Tier an sich liegen. Weitere Kuriositäten dieses Vergleiches zeigt auch der Blog quarkundso.de von Johanna Bayer.

Worauf man bei der Weihnachtsgans achten sollten

Welche Weihnachtsgans soll es denn nun aber sein? In den letzten Jahren ist die Auswahl immer größer geworden. Teure Gänse sind nun noch teurer und preiswerte oft sogar noch preiswerter. Muss es die Gillbachtal-Gans vom Gourmet-Handel sein? Ist Bio entscheidend oder tut es auch eine vom Discounter? Ist eine Gans aus Dithmarschen die richtige oder doch besser eine aus Polen oder Ungarn?

Besser ist auf jeden Fall eine frische Gans gegenüber einer aus dem Frost. Beim Einfrieren werden Zellstrukturen zerstört, so dass später beim stundenlangen Bratvorgang zwangsläufig fast jeglicher Fleischsaft entweichen muss. Das Fleisch wird zwar weich, man könnte es aber auch matschig nennen. Und auf jeden Fall wird das Fleisch dieser Gans trockener sein.

Dithmarschen ist inzwischen fast überall – nicht nur im Handel, sondern auch in der Erzeugung. Nur wenige dieser Gänse kommen tatsächlich noch vom Ursprungsort Dithmarschen in Schleswig-Holstein. Dennoch ist das keine schlechte Wahl. Meist stammen die Gänse von kleinen Erzeugern, die namentlich angegeben sind, oft aus Mecklenburg-Vorpommern. Ebenso ist natürlich jede frische Gans vom Bauern oder Markt aus der eigenen Region zu empfehlen.

Frische ungarische GänseWerfen Sie Ihr Geld aber nicht für eine noch immer teure deutsche Gans aus dem Frost weg: Für diesen Preis bekommen Sie allemal Frischware aus Polen oder Ungarn. In Leipzig bietet beispielsweise Selgros frische ungarische Gänse von Besthof an, bei Kaufland gab und gibt es frische polnische Gänse. Dabei sind diese mit Preisen von etwa 6 bis 7 Euro pro Kilogramm schon recht preiswert.

Und wenn es ganz besonders preisgünstig sein muss, ist die Frost-Gans aus Ungarn dennoch eine gute Wahl, wie es der eigentlich unfaire Geschmackstest bei Nelson Müller gezeigt hat. Falls diese von einem der großen Hersteller auf der Positivliste von Vier Pfoten stammt, also von Tranzit-Ker, Hunent, Besthof oder Pannon Lúd, kann man sich mit relativ gutem Gewissen für diese Gans entscheiden. Zu bedenken ist aber außerdem, dass gerade die großen deutschen Handelsketten die Preise für Tiefkühl-Gänse drücken, so dass die Erzeuger kaum noch etwas damit verdienen können. Das schadet Mensch und Tier und provoziert natürlich auch Tricksereien.

Plädoyer für Polen und Ungarn

Fragen Sie mal die Eltern oder Großeltern nach ihren Erfahrungen mit dem Gänsebraten zu Weihnachten. Die meisten werden dabei ins Schwärmen kommen. Wer auf dem Lande lebte, hatte selbst Gänse oder eine Weihnachtsgans vom Nachbarn. Diese waren bio, ohne dass darüber jemand geredet oder die Gänse deshalb teurer gemacht hätte. Wer keine direkte Bezugsquelle hatte, wird sehr wahrscheinlich sagen, dass die Gänse aus Pommern im heutigen Polen die besten waren. Und daran hat sich nicht viel geändert.

Ein Hoch auf die ungarische Mastgans! So titelte schon vor Jahren ein Forenbeitrag bei chefkoch.de. Eine deutsche Bio-Gans fand andersherum den Weg nach Ungarn und sorgte dort für eine Enttäuschung. Die Erfahrungen gehen da also weit auseinander. Die Gänsezucht gib es in Ungarn schon seit 1000 Jahren und mindestens 400 Jahre lang ist das dokumentiert. Inzwischen hat Ungarn sogar Frankreich überholt und exportiert Gänse höchster Qualität.

Frischgeflügel in der Markthalle Budapest
Frischgeflügel in der Markthalle Budapest

In Ungarn selbst kann man davon ausgehen, auf Märkten wie der Budapester Markthalle oder auch in den großen Supermärkten kurz vor Weihnachten frische Enten und Gänse hoher Qualität zu bekommen. Wer zu der Zeit gerade in Ungarn ist, trifft damit sicher die richtige Wahl für den Weihnachtsbraten. In Deutschland muss man allerdings darauf achten, was angeboten wird. Sehr billige Frostware ist da kritisch zu sehen, aber wegen des Einfrierens ohnehin nicht zu empfehlen. Übrigens gibt es in Ungarn die Gänse kaum so billig wie beim deutschen Discounter.

Wer noch ein paar glückliche Gänse sehen möchte, kann sich dieses Video aus dem ungarisch besiedelten Ort Székelyudvarhely in Rumänien auf YouTube ansehen.

Aber ganz gleich, welche Gans und zu welchen Kosten – letztlich kommt es vor allem darauf an, die Gans richtig zu braten. Guten Appetit / Jó étvágyat.

Tipp: Wer Gänsefett übrig hat, kann daraus leckere Kekse mit Tokajer backen.

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8 Kommentare

    1. Zum Einzelhandel in Berlin kann ich keine detaillierten Tipps geben. Frische Gänse aus Ungarn, Polen und auch Dithmarsche sollten aber verbreitet erhältlich sein. In Ungarn empfehlen sich zum Kauf einer frischen Gans zum Beispiel die Markthalle Budapest, aber auch viele größere Supermärkte.

  1. Dieser Artikel ist eine absolute Frechheit! Ich habe selbst einen (recht kleinen aber feinen) Bauernhof, auf dem ich auch Weihnachtsgänse verkaufe, alles bio und Freiland natürlich. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass es nicht möglich ist, eine solche Gans ohne dabei selbst Miese zu machen, unter 10-12€ zu verkaufen. Das Land, auf dem die Tiere leben (inklusive Wasserfläche natürlich, sind ja Wasservögel), das teurere Futter, und auch die ein oder andere helfende Hand bei der Schlachtung müssen einfach bezahlt werden. Außerdem kommt noch der ein oder andere Verlust an Fuchs oder Habicht dazu, der natürlich auch bezahlt werden muss. Menschen, die sich für eine solche Gans aus Ungarn entscheiden, sollte vollkommen klar sein, dass die Differenz das Tier bezahlt. Die Tiere werden so schnell wie möglich schlachtreif gemästet, können am Ende vor Schmerzen durch das viel zu schnelle Wachstum kaum noch laufen, und das Fleisch enthält noch dazu jede Menge Antibiotika, die aufgrund der Haltung vieler Tiere auf engstem Raum nötig sind. Deren Einsatz ohne jede Kenntnisse oder Verantwortungsbewusstsein bildet wiederum resistente Bakterien-Stämme heraus. Auch, wenn sich das alles anhört, wie die übliche alte Laier, sollte man sich gerade zu Weihnachten überlegen, was man sich selbst und den Tieren antut.

    1. Ihr Kommentar ist leider die übliche alte Leier und zeugt von wenig Sachlichkeit. Natürlich ist eine deutsche Bio-Gans eine gute Wahl und kostet 10-12 Euro. Ihn sollte aber klar sein, dass die Differenz zu einer günstigeren Gans aus Polen oder Ungarn mittlerweile längst nicht das Tier bezahlt, sondern die Menschen dort. Wer nur ein Drittel soviel verdient, kann natürlich auch eine Gans günstiger aufziehen. Ihre anderen Beschuldigungen der Gänseerzeuger entbehren jeglicher Grundlage, wie das auch Tierschutzorganisationen wie Vier Pfoten bestätigen.

      1. Das stimmt so nicht. Es gibt von 4 Pfoten mittlerweile neuere Berichte. Bis auf vielleicht einige wenige Betriebe, werden in Ungarn, Polen etc. Die Tiere werden bis aufs Blut gequält, und das kann man wörtlich nehmen.

        Vor der Schlachtung findet bis zu 4mal Lebendrupf statt, die Tiere haben fast kein Federkleid mehr, sie bluten und haben gebrochene Flügel. Nebenbei wird auch noch Stopfleber erzeugt.

        Da würde es mir persönlich nicht reichen, falls der Geschmack gut wäre, mir vergeht hier einfach der Appetit.

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