Zwischen Schafschwanz und Kapellen – Wanderung auf den Vulkan zur Burg Somló
Bei Somlóvásárhely im Balaton-Hinterland erhebt sich ein markanter Vulkan, der zugleich Ungarns kleinste Weinregion beheimatet.
Ausgehend von unserem Quartier in Balatonfüred steht die Erkundung von Ungarns kleinster Weinregion, dem Naturschutzgebiet Somló sowie der Burg Somló auf dem Plan. Bequem führt uns die Anfahrt etwa eine Stunde lang über Veszprém und die gut ausgebaute Hauptstraße 8 (E66) nach Somlóvásárhely. Bereits von weitem zeigt sich ab und an der alte Vulkan von Somló mit seiner markanten Erhebung in der hier vergleichsweise flachen Umgebung im weiteren Hinterland des Balaton. Im kleinen Ort Somlóvásárhely (nur etwas mehr als 1000 Einwohner) verlassen wir die Fernstraße und fahren auf den Berg zu. Linksseitig fällt ein großes modernes, fast industriell wirkendes Gelände auf, das wir später noch besuchen werden.
Schwieriger Start am Berg
Vorgesehen war, dass unsere Wanderung auf den herrlichen Vulkangipfel an der Szent Margit Kápolna auf etwa halber Höhe des Vulkankegels beginnt, wie es etwa der Wanderführer empfiehlt. Die ersten möglichen Zuwegungen erscheinen uns etwas schmal und unscheinbar, so dass wir vorerst am Fuße des Bergs ostwärts etwas weiter die Runde fahren. Besser wird es aber nicht, so dass wir uns schließlich doch für eine der kleinen Straßen bergaufwärts entscheiden. Nach und nach werden die Anstiege immer steiler und die Straßen noch schmaler. Sollten wir doch umkehren? Bloß wie? Wenden ist unmöglich und Rückwärtsfahren über eine längere Bergstrecke nicht gerade eine angenehme Vorstellung. Also doch mutig durch. Unser Wagen hat zwar manche Sträucher gestreift, ist aber immerhin ohne Bodenkontakt durchgekommen. Wie froh war ich doch, das uns kein Gegenverkehr begegnete und irgendwann endlich die Szent Margit Kápolna im Blickfeld erschien.
Tipp: Falls ihr nicht gerade SUV oder einen Landy fahrt, erspart euch besser die Auffahrt und startet unten im Ort zu Fuß. Wenn es denn doch per Auto sein soll, wählt gleich im Ort die Straße bergaufwärts und biegt erst später rechts ab. Auch diese Straßen sind schmal, aber zumindest von normalen PKWs problemlos zu befahren, wobei auf manchmal zügigen Gegenverkehr zu achten ist.
Szent Margit kápolna und der geschützte Lindenbaum
Auch die als größte Kapelle am Somló geltende Szent Margit kápolna ist eher klein und meist verschlossen. Die ehemalige und in der Türkenzeit zerstörte Kapelle erhielt ihr heutiges Barock-Aussehen beim Wiederaufbau 1727. Recht ungewöhnlich wirkt die kleine frei daneben stehende „Apsis“. Diese winzige Kapelle wurde zu Ehren Johannes des Täufers errichtet. Auf der angrenzenden Wiese bietet sich den eher wenigen Touristen eine Parkmöglichkeit und vor allem gibt es herrliche Ausblicke auf die Rückseite des Balaton-Oberlandes bis hin zum nächsten Vulkanberg – dem Badacsony. Vor der eigentlichen Wanderung schauen wir uns außer der Kapelle noch den nebst an befindlichen Lindenbaum an, welcher der Legende nach besonderen Schutz genießt. Der etwa 300 Jahre alte Baum wurde 1983 von einem Blitz getroffen und schwer beschädigt. Seine Triebe haben aber überlebt. Heutzutage gilt er neben der Kapelle quasi als ein kleines Wunder.
Dann begeben wir uns zum Aufstieg einige Schritte nach rechts und schließlich links bergan durch den Weinberg, Bald führt der Pfad noch etwas steiler mit gelegentlichen Stufen durch einen waldigen Abschnitt. Alles nicht wirklich schwierig, aber für Ungeübte zumindest eine mittlere Anforderung. Lästig waren vor allem die reichlich vorhandenen Mücken, die wir in der sommerlichen Mittagszeit nicht erwartet hatten. Ein Vorrat an Autan* kann also nicht schaden. Angetrieben durch diese Plagegeister erreichen wir umso schneller die Wiese in Gipfelnähe.
Aussichtsturm oder freie Aussicht
Jetzt sind es nur noch wenige Schritte bis zur Höhenlage von 432m und dem Fußpunkt des Aussichtsturms. Auch wenn er für uns heute geschlossen bleibt, trägt der Turm mal wieder den Namen des Staatsgründers, des Heiligen Stephan (Aussichtssturm Szent István Kilato). Der 1931 eingeweihte Aussichtsturm besteht aus Basalttuff des Somló-Vulkans. Zugänglich ist er nur freitags bis sonntags jeweils ab 11 Uhr.
Aber auch ohne Aussichtsturm bieten sich immer wieder interessante Blicke. Wir folgen einem der Wege über die Wiese weiter durch den Wald in Richtung der Ruinen von Burg Somló. Nun verläuft die Strecke bequem und führt nach einem offenen Feldabschnitt in einen malerischen Wald, wo uralte Bäume und knorrige Wurzeln gerne Fotomotive geben. An einer gut beschilderten Weggabelung halten wir uns links und steuern auf die Burgruine Somló zu.
Die Ruinen der Burg Somló
Damit keine falschen Vermutungen aufkommen, die Burg Somló (Somlói vár) ist nur noch eine Ruine und kein Ausflugslokal. Dem Wanderer bieten sich aber beträchtliche Burgreste zur Besichtigung und prächtige Ausblicke, vorwiegend gen Nordosten über Doba. Noch heute kann der interessierte Besucher Strukturen von Höfen und Vorhöfen erkennen. Die erste urkundliche Erwähnung der Burg Somló datiert auf 1352. Nach der Schlacht von Mohacs (1526) gegen die türkischen Truppen von Sultan Suleyman hielt die Burg Somló noch immer einige Jahre den Angriffen des Osmanischen Reiches stand, bis sogar 1543 die Schlacht unter der Burg Somló eine Niederlage der Türken brachte. Künftig verlor die Burg ihre strategische Bedeutung und fiel immer mehr dem Verfall zum Opfer. Mehr dazu auf der Webseite der Weinstraße.
Begeben wir uns nun ein Stück des Weges zurück, biegen links ab und folgen wieder der Beschilderung. Im Laufe des moderaten Abstiegs begegnen wir noch so etwas wie einem Hinkelstein, sofern wir nicht achtlos daran vorübergehen. Der sogenannte Fels von Kinizsi wirkt wie eine übergroße Sitzgelegenheit. Erinnern soll dieser Steinblock an den einstigen Eigentümer der Burg Pál Kinizsi, der sich wohl damals schon auf diesem Fels ausruhte. Heute mag er als Fotomotiv herhalten.
Wein & Einkehr nicht vergessen
Weiter abwärts gelangen wir auf etwa halber Höhe des Berges schließlich auf einen Rundweg. Und erst nach der nächsten Gabelung merken wir allmählich auch, dass wir hier schon einmal waren – ängstlich mit dem Auto. Zu Fuß wirkt dies alles viel entspannter und angenehmer. Ab und an treffen wir zwischen den Weinbergen auf kleine Häuser, die zeitweilig Weinausschank anbieten. Werktags hat hier leider niemand auf uns gewartet. An Wochenenden im Sommer sollten sich aber mehr Einkehrmöglichkeiten in den oft winzigen Weingütern finden lassen. Immer wieder sonnen sich Eidechsen auf den Steinen. Voll von Bildern und Eindrücken sowie mit etwas Sorge, ob die Fahrt bergabwärts ebenso schwierig werden würde, begaben wir uns wieder auf Tour. Hier sollte es recht problemlos gehen. Und gerade von hier bieten sich tolle Blicke auf die Basaltorgeln des Vulkans, die wir bisher noch vermisst hatten.
Nächstes Ziel war jetzt das ultramoderne Weingut Kreinbacher in Somlóvásárhely, worüber ich euch in Kürze im nächsten Beitrag mehr erzähle – mittlerweile eine Ikone des Somló und internationaler Botschafter für ungarischen Sekt der Spitzenklasse. Und spätestens hier treffen wir auf den Schafschwanz – nämlich die in Somló beliebte Rebsorte Juhfark.
Seit 2009 wird die lange Tradition des Weinbaus in Somló nun auch um Geiste ergänzt. Fast gegenüber von Kreinbacher werden im Somló Spirit Pálinkaház hochwertige Schnäpse gebrannt und unter dem Namen cornus angeboten. Hier werden Feuer und Leidenschaft eingefangen, wie sie seit Ewigkeiten im Vulkan schlummern. Beim Verkosten der Vilmoskörte muss ich leider passen, denn abends stand noch die Rückfahrt zum Balaton an.
Somlójenő und die Szent Ilona Kapolna
Vor allem auf der westlichen Hanglage finden sich viele kleine Weingüter, die wir uns beim nächsten Besuch in Somló noch ausführlicher vornehmen werden. Bis zum vermutlich bekanntesten Privatweingut Tornai Pincészet in Somlójénö ist es von Kreinbacher Birtok nur etwa 1 Kilometer leicht bergan. Auch bei Tornai kann man täglich von 10 bis 18 Uhr Weine verkosten und erwerben. Deren Premium-Reihe der Juhfark-Weine gehört für uns mit zum Besten, was ein Schafschwanz zu bieten hat.
Nur noch ein kleines Stück weiter bergan liegt die malerische Kapelle der Heiligen Ilona (Szent Ilona kápolna). Eine Kapelle an dieser Stelle gab es bereits seit 1399, urkundlich erwähnt. Über Jahrhunderte war sie jedoch eine Ruine, bis sich die Gläubigen 1853 daran machten, die Kapelle mit Spenden wieder aufzubauen. Heute erstrahlt sie in frischem Weiß mit güldenem Dach.
Tolle App zum Wandern
Die einst berühmte Weinregion Somló gilt noch immer als Geheimtipp in Ungarn, ist aber selbst längst auf mehr Touristen und Weinliebhaber vorbereitet. Sehr gut gefallen hat uns die kostenlose Guide@Hand-App der Region, erhältlich für iOS und Android. Neben Kartenmaterial zur Orientierung und der Möglichkeit zum Tracking eigener Wanderungen sind umfangreiche Angaben und Erklärungen zu Weingütern, Einkehrmöglichkeiten sowie den größeren und kleineren Sehenswürdigkeiten enthalten. So umfangreiche Informationen bietet sonst kein Reiseführer. Unterwegs eine wertvolle Hilfe und abends ergänzende Lektüre.
Tipp: Eine Wanderempfehlung für Somló sowie Ideen für weitere Regionen Ungarns hält auch der Rother Wanderführer Ungarn West* parat.
Somló & Somlóvásárhely: praktische Informationen
Adressen & Hinweise
Weingut/Restaurant/Hotel Kreinbacher: 8481 Somlóvásárhely, Somlóhegy 1674 hrsz, 47.13047°N, 17.37186°O
Weingut Tornai: 8478 Somlójenő, külterület hrsz. 1248, Öffnungszeiten: Mo-Fr 8-17, Sa/So 10-17 Uhr, 47.13727°N, 17.36456°O
Szent margit kápolna: 8181 Somlóvásárhely, külterület, 47.14147°N, 17.37648°O
Szent Ilona kápolna, Somlójénő, 47.14106°N, 17.36292°O
Aussichtsturm Szent Istvan kilato. Öffnungszeiten: Fr 10-15, Sa 10-18, So 10-16
Anreise
Somló ist nicht weit von der beliebten Fernstraße 84 von Sopron zum Balaton entfernt. Bei Jánosháza biegt man auf die Fernstraße 8 (E66) Richtung Veszprém und erreicht Somlóvásárhely nach etwa 15 Kilometern.
Auch als Tagesausflug ist die Region vom Balaton aus gut über Veszprém zu erreichen. Zwecks Weinverkostung ist es jedoch ratsam, mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzufahren. Verbindungen kann man auf der ungarischen Webseite https://menetrendek.hu/ recherchieren. Beispielsweise erreicht man von Balatonfüred aus um 8:10 Uhr nach einem Umsteigen in Veszprém um 9:53 Somlójénő. Die letzte Rückfahrt wäre 18:24 Uhr bis 20:33 Uhr. Bitte aber den Fahrplan immer selber aktuell recherchieren.
Quartiere (eine Auswahl)
Seit 2015 vermietet das Weingut Kreinbacher, Somlóvásárhely auch 15 Zimmer, buchbar etwa über Booking.com*.
Inhauser Pincészet, Somlószőlős, buchbar über Booking.com*.
Bencepince Vendégház, Somlóvásárhely (Ein Gasthaus für Selbstversorger, dass man direkt anfragen muss.)
Pension Weingut Spiegelberg, Somlójénő: (Auch hier sollte man direkt beim Weingut anfragen).
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