Alabárdos Budapest – genießen auf hohem Niveau
Ungarische Küche vom Feinsten präsentiert das Alabárdos auf dem Burgberg Budapest mitten im Weltkulturerbe.
Ein perfekter Abend im Alabárdos
Das auch in einschlägigen Reiseführern empfohlene Restaurant Alabárdos in Budapest stand schon länger auf unserer Wunschliste. Beim Besuch des Weinfestes 2014 auf der Burg Buda soll ein Essen im direkt dort liegenden Restaurant den ersten Abend beschließen. Da wir nicht vorab reserviert hatten, ist es ein Glücksspiel. Viele russische Gäste sind bereits anwesend oder haben Tische im Rittersaal mit den Gewölbedecken reserviert. Zu unserer Freude findet man rechts im Seitenraum noch Platz für uns. Dieser Seitenraum ist die gotische Terrasse und befindet sich ebenfalls in mittelalterlichen über 600 Jahre altem Gemäuer. Ein Ambiente, das zugleich historisch, edel sowie gemütlich ist und vielleicht sogar die angenehmere Räumlichkeit darstellt als der klassische große Rittersaal.
Schwere weiße Damast-Tischdecken, klassisches Besteck und prächtige Platzteller aus dem berühmten ungarischen Zsolnay-Porzellan aus Pécs sowie echte Kerzen komplettieren die gediegene Atmosphäre. Als anfängliche Begleitung für das Studium der Menükarte bestellen wir einen Aperitif, selbstverständlich etwas Ungarisches – die Wahl fällt auf einen trockenen Tokaji Szamarodni.
Manchmal hat man einfach gute Karten
Die Menükarte ist sehr übersichtlich, eher kurz gehalten und beschränkt sich hauptsächlich auf die 4 Menüs Tradition, Alabárdos, 50th anniversary (des Alabárdos) sowie Vegetarisch mit saisonal wechselnder Zusammenstellung. Sonst lassen sich alle Gerichte auch à la carte bestellen, aber in der Spitzengastronomie empfiehlt sich meist die Wahl eines Menüs. Damit kann man eine größere Vielfalt von Speisen kennenlernen und die Komponenten sind gut aufeinander abgestimmt. Da wir die ungarische Küche lieben, fällt die Entscheidung recht zügig auf das Menü Tradition, in der großen 5-Gänge-Variante, mit dem wir nachmittags am Restauranteingang bereits geliebäugelt hatten.
Es folgt der vielleicht schwierige Part, die Weinkarte. Mit dem Hinweis auf die äußerst umfangreiche Auswahl, bei der er sehr gerne behilflich ist, bringt uns der Sommelier ein schweres Lederalbum. Zahlenmäßig überwältigend ist die Auswahl dann doch nicht, denn jedem Wein ist eine ganze Seite mit ausführlichen Informationen gewidmet. Hier konzentriert man sich vornehmlich auf exzellente ungarische Weine verschiedener Regionen und Preisklassen. Da ich gerne selber in Weinkarten stöbere, nehme ich die angebotene Hilfe des Sommeliers nur insoweit in Anspruch, als dass er meine Wahl als passend bestätigt. Die fällt auf einen Sauska Kadarka 2012 aus Villány im Süden Ungarns. Die umfangreiche Weinkarte bietet übrigens für jeden genügend Auswahl zu recht fairen Preisen. Der Sommelier wirkt sehr kompetent, so dass man sich gewiss auch auf seine Empfehlung verlassen kann.
Geschmacksvisuelle Menüsteuerung
Kaum ist die Bestellung aufgegeben, kommt auch schon ein leuchtend grüner Gruß aus der Küche. Was ist das denn? Eine Essenz aus der Erbsschote begeisterte bereits optisch und verlangt den Griff zum Fotoapparat. Diesen Gang kann man auf jeden Fall als zusätzlichen sechsten Gang zählen, denn das übliche Gedeck mit Brot und Butter ist ohnehin längst serviert.
Die folgende Vorspeise ist eine Variation vom Mangalica (Wollschwein) im Blütenmeer: Damit beweist Küchenchef Attila Bicsár, dass er die 16 Punkte im Gault Millau wirklich verdient hat, denn nach dem Verständnis des Guides sind 16 Punkte jene Klasse, wo Kochen zur Kunst wird. Laut englischer Speisekartenübersetzung handelt es sich um Mangalica-Variationen aus glasiertem Bauch, gebratener Pastete in Brotkruste sowie Blutwurst zusammen mit „Waldorf-Salat“. Gegenüber dem üblichen Waldorf-Salat hat man sich hier glücklicherweise die Mayonnaise weitgehend gespart, sondern die fein geschnittenen Würfelchen leicht säuerlich angemacht, um das Mangalica besser wirken zu lassen. Angerichtet kommt die Vorspeise in einem Blütenmeer – in der Hoffnung auf etwas deftige Wurst völlig unerwartet, aber eine sehr interessante Erfahrung. Die essbaren Blüten sind wirklich schmackhaft und schwer zu beschreiben, am ehesten leicht bitter würzig und jede Blüte individuell. Als fleischliches Highlight empfinden wir die hausgemachte Blutwurst. Davon dürfte es gern etwas mehr sein, aber uns stehen ja noch einige Gänge bevor.
Nun folgt als eigentliche Vorsuppe eine Rote-Bete-Suppe mit saftigen Rindfleisch, Meerrettich und Rote-Bete-Ravioli, leicht aufgeschäumt und auch wieder was für Auge und Gaumen gleichermaßen. Der erste Hauptgang ist wieder absolut typisch ungarisch: gebratenes Filet vom Theiß-Wels mit Quarknudeln, Paprikarahmsauce und grünen Bohnen. Die Portion sieht gar nicht so groß aus, sättigt aber auch ungemein. Der Wels kann durchaus mal ein herzhaft deftiger Fisch mit etwas kräftigem Geschmack sein. Dieser hier ist exzellent, mild und mit knuspriger Haut gebraten – eindeutig mein bisher bester Wels. Und Nudeln zum Fisch, warum nicht? Die speziellen Quarknudeln (Túrós csusza) sind übrigens ein ungarischer Klassiker. Zu Quarknudeln findet man allerdings auch zahlreiche Rezepte, die mit dem eigentlichen Ursprung relativ wenig zu tun haben, aber das ist ein anderes Thema für sich und damit später.
Zum fleischlichen zweiten Hauptgang stehen gegrillte Leber und Brust von der Ente auf dem Plan, angerichtet mit hausgemachten Krautnudeln, eingelegten Pflaumen und Grammeln – ein weiteres Highlight, worauf ich mich schon gefreut habe. Die Ente ist wunderbar zart und rosa gebraten, ohne das noch Fleischsaft austritt, die Leber mit leichten Röstaromen und alles dezent gewürzt, um den Eigengeschmack zur Geltung zu bringen. Die „Krautnudeln“ hatten eher die Form von Canneloni gefüllt mit einer milden Krautzubereitung. Einziger Kritikpunkt ist dabei, dass die Ente beim Verspeisen nur noch lauwarm ist. Mittlerweile hat aber draußen ein kräftiges Gewitter begonnen und für Abkühlung gesorgt. Der Weg von der Küche zu unserer gotischen Terrasse führt über den nun recht kühlen Innenhof und außerdem sorgen unsere Fotos von der Ente dafür, dass deren Temperatur noch etwas weiter abnimmt.
Obwohl der Sättigungspunkt nun längst überschritten ist, warten wir dennoch gespannt auf das Dessert als krönenden Abschluss. Ein Arrangement aus einer Honigkuchen-Cremeschnitte mit Kaffeegelee, Haselnusskrokant und weißem Mokkaeis soll es sein. Verdammt lecker, da ginge sogar noch ein zweites. Übrigens gönnen wir uns dazu noch ganz typisch ein Glas eines 5-büttigen Tokaji Aszu nach Empfehlung des Sommeliers. Und zur Rechnung wird tatsächlich noch der insgeheime Wunsch erfüllt: es gibt noch ein kleines Zweit-Dessert in Form einer Praline und eines Mini-Küchleins.
Der seit einiger Zeit bereits strömende Regen lässt jedoch nicht nach, während wir die letzten Schlucke des Weins trinken, sondern verstärkt sich noch mehr. Deshalb bietet man uns an, ein Taxi zu rufen. Das können wir dankend ablehnen, denn glücklicherweise nächtigen wir im Burghotel Budapest direkt im Nachbarhaus. Generell ist der Service im Alabárdos sehr zuvorkommend und hilfsbereit, ohne je aufdringlich zu wirken oder Hektik aufkommen zu lassen – ein sehr angenehmer Umstand, der sonst selbst manch gutem Restaurant etwas abhandengekommen scheint.
Wie traditionell seit vielen Jahrzehnten gibt es übrigens im Rittersaal zur Begleitung Gitarrenmusik. Auf der gotischen Terrasse spielt jemand am Keyboard, ohne dafür am Tisch eine Entlohnung einzusammeln.
Zum Hause Alabárdos
Das Restaurant Alabárdos gibt es seit 1964 auf dem Burgberg: Anfang 2014 wurde die Innenausstattung komplett renoviert. Schon einige illustre Gäste besuchten das Etablissement laut Webseite des Restaurants, darunter der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing, der amtierende ungarische Präsident Viktor Orbán, Sir Roger Moore alias James Bond, Martin Winterkorn und Wolfgang Porsche. Sogar der berühmte Sternekoch Eckart Witzigmann lies sich nur wenige Tage nach unserem Besuch dort gerne zusammen mit dem Küchenchef Attila Bicsár am 9. Oktober 2014 ablichten.
Bei 16 Punkten im Gault Millau wird die Luft schon dünner. Wir bewegen uns hier beispielsweise auf dem Niveau des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants „Vau“ von Kolja Kleeberg in Berlin. Auf Englisch empfiehlt etwa der Beitrag unter http://travelfirst.com/pays/hunres_e.html das Alabárdos als diskretere und weniger touristische Alternative zum „Gundel“, weil es seit Jahrzehnten die exklusivste Adresse für feines Essen in Budapest ist. Auch jene Kunden, die eher moderne minimalistische Restaurants mögen, werden das Alabárdos lieben. Zurückkehrend zu den Wurzeln einer authentischen Küche, die wie Auguste Escoffier den Genuss in den Mittelpunkt stellt, wird das hier vom Küchenchef Attila Bicsár modern interpretiert.
Alabárdos: praktische Informationen
Adresse: (bis September 2022 geschlossen)
1014 Budapest, Országház utca 2
Telefon: (00-36)-1-356-08-51
Fax: (00-36)-1-214-38-14
E-Mail: alabardos@t-online.hu
Webseite: https://alabardos.hu/
Zur Anfahrt wählt man die Buslinie 16 zum Szentharomság tér oder fährt mit dem Auto auf den Burgberg hoch. Übrigens parken Gäste des Alabárdos kostenlos im Burgbereich.
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag 19-23 Uhr
Samstag 12-15 und 19-23 Uhr
Sonntag geschlossen
Hinweis: Die Reservierung ist unbedingt zu empfehlen, eine Online-Reservierung ist unter https://alabardos.hu/reservation/?lang=en bis zu 3 Stunden vorher möglich.
Eine formelle Kleiderordnung ist zwar nicht vorgegeben, aber auf jeden Fall ratsam und angemessen.
Koordinaten:
47,50179°N / 19,03282°O
Preise:
Informationen über die aktuelle Menüauswahl zeigt die Seite des Restaurants unter https://alabardos.hu/menu/?lang=en. Preise von rund 50 Euro für ein Menü sind in Ungarn zwar schon recht teuer, für derartige Spitzengastronomie aber mehr als fair und eine Empfehlung wert. Bei den Preisangaben beachte man noch, dass stets 12% Servicegebühr zusätzlich erhoben werden.
Fazit:
Wer deftigen ungarischen Gulasch sucht, sollte in einem anderen Lokal Platz nehmen, zum Beispiel im Hungarikum Bisztro auf der Pester Donauseite. Wer hingegen elegante Küche probieren mag und den höheren Preis nicht scheut, kann hier einige ungarische Spezialitäten auf höchstem Niveau in eleganter Atmosphäre probieren. Besser geht es kaum.
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