Hotel Gellért Budapest – Grandhotel alter Schule mit kleinen Makeln
Weltbekannt, weltoffen und wirklich groß. Im Hotel Gellért ist die Welt zu Gast im historischen Budapest.
Schon oft habe ich bei der Hotelrecherche nach dem berühmten Gellért geschaut, ob mal ein Aktionsangebot für uns passend wäre. Manche Rezensionen nennen das Gellért überteuert und in schlechtem Zustand. Was ist dran an den Kritiken? Endlich waren wir selbst dort. Und ja, ein paar kleine Kritikpunkte gibt es, aber auch viel Positives und für uns einen unvergesslichen Aufenthalt im Gellért.
Zimmer mit Ausblick und Einblick
Zurückversetzt in die Zeit von Imre Nagy oder Stalin? Haben sich hier etwa die Mächtigen jener Zeit getroffen? Ein seltsames, etwas zwiespältiges Gefühl wie in einer Filmkulisse beschlich uns. Machen wir eine Zeitreise? Sind wir jetzt direkt der Geschichte begegnet? Spulen sich hier die 100 Jahre im Zeitraffer ab? Alles wirkt so authentisch, als würde im nächsten Moment eine Persönlichkeit jener Zeit die Räumlichkeiten betreten.
Bei allen Modernisierungsbestrebungen, liebes Hotel Gellért, bitte bewahre dir diesen einzigartigen Charme jener Zeit. Wir möchten nicht hinter einer Denkmalfassade den zum heutigen Maßstab erhobenen modernen Hotelstandard vorfinden, ich möchte Einblicke gewinnen, ich möchte Geschichte atmen – und sei es der Muff von hundert Jahren, aber authentisch.
Glücklicherweise hatte ich ja eines der teureren Zimmer mit Donaublick gebucht. Dass man uns offenbar eine Suite gegeben hat, konnte ich so nicht ahnen. Hinter der schlicht wirkenden Zimmertür öffnete sich ein weitläufiges Gelände mit Flur, Schlafzimmer, Bad, separater zweiter Toilette und einem Wohnbereich wie eine Präsidenten-Suite. Mindestens 60 Quadratmeter dort im Achteck, rundherum mit Holzwänden verkleidet, mit mehreren Sitzgruppen und Schreibtisch – natürlich funktioniert auch WLAN, so dass ich sogar meine paar Minuten unverzichtbare Arbeit problemlos erledigen konnte. Mehrere Balkone und der Ausblick – wahrhaft ein Magical Moment – insbesondere nachts zur erleuchteten grünen Freiheitsbrücke (Szabadság híd) – einer der schönsten Momente, die wir je in Ungarn erlebt haben.
Natürlich hat der Zahn der Zeit schon ein wenig genagt, Mobiliar und Ausstattung sind nun nicht hypermodern, aber voll funktionsfähig und auch zeitgemäß funktional. Wir haben jedenfalls nichts vermisst, aber viel Historisches begeistert entdeckt.
Tipp: Wer sich für das Grandhotel Gellért entscheidet, sollte wirklich eines der teureren Zimmer mit Blick zur Donau buchen. Der nächtliche Blick vom Balkon des Gellért zur erleuchteten grünen Freiheitsbrücke ist unvergleichlich.
Seele und Service
Am Portal des Hotels steht stets jemand bereit, der etwa das Gepäck verladen und transportieren möchte. Vielleicht habt ihr Glück und trefft den bärtigen Portier – the Bearded Doorman (zu finden auch auf Instagram). Auch auf Anfragen und Sonderwünsche ist man etwa mit einem großen Gepäckaufbewahrungsraum gut vorbereitet. Hauseigene Parkmöglichkeiten gibt es rund 100 Meter hinter dem Hotel in einem parkartigen Gelände. Zuvor holt man sich an der Rezeption die passende Zugangskarte dafür. Sprachlich ist man hier sowieso auf Weltniveau, so dass wir vom anfänglichen Englisch doch bald aufs für uns bequemere Deutsch wechseln konnten. Und ja, hier geht Seele vor Professionalität, wie ich es nicht besser beschreiben könnte als ein Artikel in Die Welt. Trotz aller Größe des Hauses fühlt man sich familiär betreut und geborgen.
Die heutige Zielgruppe des Gellért konzentriert sich wohl doch mehr auf ältere Leute und Kurgäste. Daher halten sich die Spätangebote in Grenzen. Kurz vor Mitternacht war die Bedienung auf den Außenterrassen auch bei herrlichem Sommerwetter bereits eingestellt. Die Bar in der Hotellobby könne noch weiterhelfen, sagte man uns. Ja, sie konnte noch. Leider auch hier kaum andere Gäste. Klientel und Service bedingen sich wohl ein wenig gegenseitig. Aber irgendwie hat es auch etwas Schönes, solch eine mondäne Hotellobby mal praktisch für sich alleine zu haben. Tagsüber ist das Gellért hingegen gut besucht und versorgt die Gäste im Restaurant, Café, der beliebten Bierstube und in der Bar.
Hotel Gellért architektonisch
Wuchtig steht es am Donauufer. Direkt neben der Freiheitsbrücke gelegen ist das Gellért ein würdiges Pendant zur gegenüberliegenden Corvinus-Universität. Von der grünen Szabadság híd aus hat man alles gut im Blick. Etwas ungewöhnlich für die Epoche des Art déco sind die fast raketenförmig aufregenden Türmchen auf dem rechten Seitenflügel über dem berühmtem Gellértbad, die eher an die früheren Zeiten der türkischen Badekultur hier erinnern mögen. Den Springbrunnen vor dem Haupteingang gibt es erst seit 2003. Er fügt sich aber harmonisch in das historische Ensemble ein. Wer sich auf den Spaziergang zum Gellért-Berg hinauf in Richtung Zitadelle begibt, erhält von dort immer wieder neue Perspektiven auf den mächtigen Baukomplex des Hotels Gellért.
Im Inneren setzt sich die Gestaltung nahtlos fort. Die großzügige Lobby betrachtet man am besten von der oberen Epore aus. Im Treppenhaus sind die Buntglasfenster sehenswert, die hier kombiniert mit typischen Ornamenten des Art déco die altungarische Legende vom Wunderhirsch symbolisieren. Im Obergeschoss gibt es einen großen Musiksalon, der eher einem hauseigenen Theater ähnelt. Ebenfalls auf der oberen Etage befindet sich der direkte Übergang zum Bad, von wo aus sich schöne Blicke auf die Glasfenster vom Foyer des Gellértbades bieten.
Action im Grandhotel
Unser Gefühl einer Filmkulisse sollte sich doch noch bewahrheiten, wenngleich nicht ganz wie vermutet. Hier hätte man uns an der Rezeption durchaus mal darauf hinweisen können. Bereits am Abend bemerkten wir, dass Bilder in den Gängen des Hotels abgehangen und Möbel umgestellt wurden. Nichtsahnend öffnen wir früh die Tür unseres historischen Quartiers. Ein Massenauflauf. Rund 50 Personen mit viel Gerätschaft und noch mehr Kabeln bevölkerten den Gang, als wir zum Frühstück wollten. Im Treppenhaus, wo auch einige Starkstromkabel verlegt waren, bedeutete man uns, wir mögen doch rasch verschwinden. Bitte? Wir sind hier Gäste des Hauses und haben nicht wenig dafür bezahlt. Natürlich gehen wir weiter, lassen uns aber davon nun überhaupt nicht hetzen. Ein junger Mann in Badehose hüpfte zwischen dem ganzen Personal herum. Offenbar war er einer der Darsteller. Läuft hier ein Spielfilm oder eine Telenovela? Letztlich war es nur ein Advertorial – ein simpler Werbespot. Aber wo sonst sollte man drehen, wenn nicht im legendären Gellért?
Hektisches Frühstück
Geht man früh um 7 Uhr oder doch später erst gegen 10 Uhr zum Frühstück? Hier sind wir etwas hin und her gerissen. Wer nach dem Frühstück weiter möchte, sollte zeitig kommen und kann so noch recht geruhsam den Tag beginnen. Andererseits finden wir einen entspannten Besuch im Gellértbad noch vor dem Frühstück als größere Besonderheit und nehmen dafür nun die aufkommende Hektik in Kauf. Das Frühstück war inklusive gebucht und sollte bei einem Hotel dieser Größe natürlich ein Buffet sein. Aber trotz der Größe schien man ziemlich überfordert, schöne Räumlichkeiten boten einen herrlichen Blick über die Donau zum aufsteigenden Morgenlicht, aber eine der zwei Kaffeemaschinen fiel aus und Plätze sind knapp geworden für die späteren Frühstücksgäste.
Das große Büffet hat ein vielfältiges Angebot, wobei die Qualität leider nur mittelmäßig ist (z.B. keine echte Salami). Das warme Büffet ist jedoch gut und bietet einige ungarische Klassiker – etwa auch so banale Dinge wie Bundás kenyér (die ungarische Variante von Arme Ritter). Zudem gibt es hier eine der wenigen Stellen im touristischen Budapest mit frisch zubereitetem Letscho – natürlich auch zum Frühstück und sehr lecker mit Eiern. Insgesamt ist das Frühstück zwar kein kulinarisches Highlight, aber solide und reichhaltig.
Das Hotel Gellért ist übrigens sehr international geprägt. Infolge der etwas überfüllten Situation mussten oder durften wir uns zu anderen Frühstücksgästen an einen Tisch gesellen. Nette ältere Leute aus Lousiana, USA, deren weitere Route noch nach Bratislava, Wien und Prag führen sollte. Von Germany wussten sie natürlich nur „The wall“. Dennoch ein schönes Frühstück und die interessanten Gespräche lassen kleinere Unzulänglichkeiten in den Hintergrund treten.
Legendäres Gellértbad inklusive
Wer im Hotel Gellért übernachtet, möchte gewiss auch das berühmte Gellértbad im Hause besuchen. Es ist im Übernachtungspreis einmal inklusive. Bei derzeit bereits gut 18 Euro pro Person relativiert das den Zimmerpreis doch merklich. Zudem ist der praktische Ablauf als Hotelgast wesentlich bequemer, denn man braucht keine zusätzliche Umkleidekabine. Bademäntel stehen im Hotelzimmer zur Verfügung. Der Übergang zum Bad erfolgt hausintern. Auf der Empore der Empfangshalle vom Gellértbad tauscht man seinen Zimmerschlüssel gegen das Zugangs-Armband für den Badbereich. Zudem erhält man die zwar hässliche, aber obligatorische Kopfbedeckung für das Schwimmbad ausgehändigt.
Auch ein mehrmaliger Besuch des Bades ist möglich, dann zwar nicht mehr inklusive, aber immerhin für die Hälfte des regulären Preises.
Wer war eigentlich dieser Gellért?
Immer wieder taucht in Budapest der Name Szent Gellért auf. Er war der erste christliche Märtyrer in Ungarn und wurde heiliggesprochen. Der heilige Gerhardt stammte aus Venedig und war dort Abt im Kloster San Giorgio. Auf einer Pilgerfahrt kam er am ungarischen Pécs vorbei und lernte König Stephan I. kennen, den Gründer Ungarns. Von ihm wurde er zum Bischof von Csánad ernannt. Das ehemalige Komitat Csánad liegt heute an der Grenze zu Rumänien und gehört größtenteils zu den heutigen Komitaten Csongrád und Békés. Nach dem Tode Stephans I. wurde Gellért am 24. September 1046 in Budapest von Heiden ermordet und auf einer Karre vom Berge in die Donau gestürzt. Heute trägt der Ort seinen Namen – Gellértberg. Und heute gilt Gellért als Stadtpatron Budapests und als einer der Schutzheiligen von Ungarn. Eine Gellért-Statue findet sich übrigens auch in der St.-Stephans-Basilika.
Praktisches zum Hotel Gellért
Das Gellért ist alleine schon wegen seiner Größe ein klassisches Grandhotel alten Stils und heute mit 4 Sternen klassifiziert. Trotz kleiner Makel besticht es mit seiner sensationellen Lage am Fuße des Gellért-Berges und mit dem direktem Zugang zum Gellértbad. Für Nostalgiker ein absolutes Muss.
Webseite: Das Hotel Gellért gehört zur ungarischen Danubius-Gruppe und ist direkt dort oder etwa über das Portal Booking zu buchen.
Preise: Preise können stark schwanken. Mit etwa 150 Euro für das Doppelzimmer hat man einen fairen Preis.
Adresse: Szent Gellért tér 2, H-1114 Budapest, Tel.: +36 1 889-5500
Anfahrt: Direkt an der Freiheitsbrücke ist das Gellért zwar leicht zu finden, die Anfahrt per Auto war dennoch schwieriger als gedacht. Man sollte besser am Budaer Donauufer von der Kettenbrücke aus kommend anfahren. Direkt nach der großen Kreuzung an der Freiheitsbrücke geht es schmal rechts rein zum Hotelportal. Von Süden von der Petöfi híd kommend kann man hingegen nicht zum Hotel abbiegen.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln nutzt man die Metro Linie M4 bis zum Szent Gellért tér oder am Budaer Donauufer die Tram-Linien 19 oder 41.
Koordinaten: 47.4838°, 19.053°