Das hölzerne Schmuckkästchen von Tákos im Osten von Ungarn
Die reformierte Kirche in Tákos ist klein und kaum bekannt, aber ein Kleinod historischer Kirchenbaukunst in Ungarn.
Im östlichsten Komitat Ungarns Szabolcs-Szátmar-Bereg trifft man kaum auf Touristen – und wenn, dann sind es die Ungarn selbst. Hier finden sich Sehenswürdigkeiten für jene Leute, die den Blick für die kleinen und feinen Dinge noch nicht verloren haben. Die reformierte Kirche in Tákos mag selbst dafür noch klein erscheinen, sie ist aber besonders schnuckelig und liebenswert. Auf der Fernstraße 41 in Richtung Ukraine fahrend wird auf die Kirche gut hingewiesen. Der Weg führt ins großzügig mit Grünflächen am kleinen Flüsschen Fejércsei csatorna angelegte Ortszentrum, wo man problemlos parken kann.
Reformierte Kirche in Tákos
Fast mag man die Kirche in Tákos wegen ihrer geringen Größe übersehen. Architektonisch erinnert sie schon stark an die Holzkirchen im Maramures, die im heutigen Rumänien zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören. Gedeckt mit verwitterten Holzschindeln und konstruiert mit einem steil aufragenden Türmchen – nur eben in ganz klein. Der teils steinerne Baukörper der Kirche sowie die Umzäunung und Blumen wirken eher wie ein kleines Bauernhaus auf dem relativ höchsten Punkt des Ortes.
Hinter der schlichten Schönheit beginnt eine wieder neu angelegte Streuobstwiese – in der Region einer der „Gärten Eden“ (Édenkertek) mit einer Vielzahl Obstbäume von Apfel und Birne über Kirsche und Pflaume bis hin zur Walnuss.
Die „barfüßige Notre Dame“
Wir hatten das Glück, dass an dem herrlichen Sommernachmittag die Kirche geöffnet war und wir problemlos besichtigen konnten. Falls geschlossen ist, weist ein Zettel darauf hin, dass man in der Bajcsy-Zsilinsky utca 20 oder telefonisch zwischen 7 und 19 Uhr nachfragen sollte. Mit schwachen Ungarisch-Kenntnissen wäre das natürlich schwierig, aber dennoch zu empfehlen. Der Eintritt kostet übrigens 400 Forint pro Person, also etwa 1,30 Euro. Das geben wir gerne an die alte Dame, die uns auf Ungarisch noch so vieles erklären möchte. Leider verstehen wir nur wenig, aber nach dem Grundkurs Ungarisch kann ich immerhin einige der aufgeschnappten Wörter in das Smartphone tippen und tatsächlich eine sinnvolle Übersetzung erhalten. Das „Gespräch“ bleibt zwar etwas schleppend, ist aber äußerst herzlich. Traut euch einfach, auch wenn ihr kaum Ungarisch könnt.
Das Innere der Kirche in Tákos ist eher ein kleiner Raum wie ein Wohnzimmer mit viel Holz. Es bleibt relativ dunkel mit sehr flacher Decke und ohne pompösen Altar. Rund um die hölzerne Kanzel können sich die Gläubigen scharen. Der etwas beengte Raum mit typisch ungarischer Ornamentalik wirkt sehr einladend und gemütlich. Man mag fast vergessen, in einer Kirche zu sein. Unglaublich anmutig ist es hier.
Die Kirche ist ein in Holzskelettbauweise errichtetes Fachwerkgebäude. Ihr Fundament bilden Holzbalken mit einem Durchmesser von rund 40 Zentimetern. Der erste Teil stammt aus dem Jahre 1766. Die Holzlatten wurden mit Weidenruten geflochten und mit spreuigem Schlamm ausgefüllt. Die Kassettendecke besteht aus 58 bemalten Tafeln, die gemäß der alten Zunftregel jeweils mit unterschiedlichen Motiven gestaltet sind. Sie bilden den Hauptschmuck der Kirche und machen die heutige Faszination aus. Ihr Schöpfer war der Tischler Ferenc Lándor, wie auf einer der Tafeln verewigt ist. Die Dorfbewohner nennen ihre Kirche übrigens gerne auch die „barfüßige Notre Dame“.
Volkstümlich naiv
Kanzel, Gestühl und Decke leben von der harmonischen Einheit der volkstümlichen und ornamentalen Motive. An der Seitenwand einer Bank konnten wir den Vogel Turul aus der ungarischen Sagenwelt entdecken. Truhen mit floralen Motiven erinnern an naive Kunst. Die 58 Deckenelemente sind ornamentale Meisterwerke, welche die Blumenmotive zusammen mit anderen Aspekten perfekt arrangieren. Die alte Dame machte uns zum Beispiel auf diverse Darstellungen der Tierkreiszeichen aufmerksam, die in den Blumenrankenornamenten zu entdecken sind.
In der Kirche gibt es für Besucher übrigens sogar ein Informationsblatt auf Deutsch. Leider ließ das Hochwasser von 1948 den Glockenturm einstürzen, so dass der heutige nur eine originalgetreue Nachbildung ist. Die beeindruckende Kassettendecke hingegen ist wirklich noch original erhalten.
Tákos ist nun gewiss kein Touristenzentrum. An dem schönen Sommertag gab es dennoch einige Schritte von der Kirche entfernt einen Eisstand, den wir ansteuerten. Campingmöbel unter einem Sonnenschirm vor dem Grundstück – mehr braucht es nicht. Das Eis war lecker, der Kaffee wurde für uns drinnen frisch gebrüht. Sehr sympathisch. Für den nur sporadisch besuchten Ort sicher auch die einzig gangbare Lösung.
Umgebung von Tákos
Von Tákos aus ist es nur ein Katzensprung nach Csaroda zur nächsten bedeutenden historischen Dorfkirche. Selbst von außen ist sie schon ein Schmankerl. Wer auf einem Roadtrip in der Region unterwegs ist, schaue sich auch noch die Orte Szatmárcseke, Túristvándi, Beregdaróc und Fehérgyarmat an oder besuche die nahegelegene Pálinka-Brennerei in Panyola.
Praktische Informationen
Adresse
4845 Tákos, Bajcsy-Zsilinszky utca 29
Koordinaten
48,15083°N / 22,4334°O
Weitere Informationen
Mehr Informationen zu Tákos auf Ungarisch bietet die Webseite der Route mittelalterlicher Kirchen. Folgt dort auch dem Link Brosúra. Die PDF-Datei ist mehrsprachig, unter anderem auch in Deutsch.
Quartiere bei Tákos
Die Region ist touristisch noch nicht erschlossen. Quartiere gibt es kaum. Eines der nächstgelegenen Hotels ist das Kovács Hotel* in Vásárosnamény. Bei einer größeren geplanten Tour kann man aber auch in Mátészalka*, Nyíregyháza* oder gar in Satu Mare* kurz hinter der rumänischen Grenze Station machen. Direkt im kleinen Ort gibt es die Pension Baráth vendégház.
(Mit * gekennzeichnete Links sind Werbe-Links.)
Fazit: Die Kirche in Tákos hat uns tief beeindruckt. Sie ist ein herausragendes Beispiel authentisch erhaltener kleiner Dorfkirchen des alten Ungarns, das auf jeden Fall einen Umweg dorthin lohnt.