Noch welk gewordene Paprikaschoten im Kühlschrank? Kein Problem: Letscho ist die leckere Lösung.
Wer in Deutschland schon von Letscho gehört hat, kennt dies vermutlich eher als eine Gemüsebeilage aus der Konserve. Das kann man zwar machen, verpasst dabei aber doch viel, denn ungarisches Letscho kann durchaus ein selbständiges und sehr leckeres Hauptgericht sein. Obendrein ist es ein eher preiswertes und gesundes Essen, was sich zudem auch relativ einfach zubereiten lässt. Die nötigen Zutaten waren früher (und sind es weiterhin) auf jedem Bauernhof vorhanden, weshalb das Gericht auch heute noch zu den beliebtesten in Ungarn gehört. Letscho ist ausgehend von der alten Donaumonarchie außerdem besonders im österreichischen Burgenland beliebt. Zudem kennt man Lecsó auch in Tschechien, der Slowakei und Polen.
Nochmal zum Thema welk gewordene Paprikaschoten: In Ungarn ist das kein Problem, sondern viele freuen sich sogar darüber, denn „Lecsó paprika“ gibt es fast überall auf den Frischmärkten und im Supermarkt. Als „Lecsó paprika“ werden meist sehr preiswert diejenigen Früchte angeboten, die zu klein oder unförmig sind, oder die nicht mehr frisch genug sind. Zur Verarbeitung (vorzugsweise als Letscho) eignen die sich hervorragend, weil sie meist sehr reif und aromatisch sind. Als Tourist sollte man Lecsó paprika aber möglichst erst am letzten Tag vor der Heimreise erwerben, weil diese sich nur noch sehr begrenzt aufbewahren lassen und bald verarbeitet werden müssen.
Was ist Letscho (Lecsó) – ein vollwertiges Hauptgericht
Anfangs war ich stutzig, als uns unser ungarischer Freund mal wieder erzählte, dass er gerade Letscho gemacht hat – mit reichlich Eiern. Ja, wie, mit Eiern? Und was dazu? Traditionell ist Lecsó in Ungarn ein Hauptgericht, das auf verschiedene Weise zubereitet wird. Sofern es noch etwas „Gutes“ dazugibt, kommen Eier oder/und Wurst direkt mit in das Gemüsegericht. Grundsätzlich gehören aber immer Speck, Spitzpaprika, Tomaten und Zwiebeln dazu.
Zutaten für Letscho
100g Speck oder Schmalz
1 kg Paprikaschoten
500 g Tomaten
1-2 große Zwiebeln
Salz
2 TL gemahlener Paprika
ggf. scharfer Paprika
Kolbasz oder Lecso kolbasz
Etwa 4-6 Eier
Grundrezept
Zunächst den Speck ohne Schwarte würfeln und auslassen oder das Schmalz in die Pfanne geben. Eine große Zwiebel halbieren, dann in Scheiben schneiden und in dem Fett leicht anrösten. Zuvor die Paprikaschoten entkernen und in Streifen oder Ringe schneiden. Hier können gemischt alle Sorten zum Einsatz kommen. Bevorzugt nimmt man allerdings die typischen gelbweißen Spitzpaprika, denn grüne Sorten sind zu bitter und vollreife rote Paprika eher zu süß. Wer es scharf mag, mischt ein paar scharfe Paprikasorten wie etwa Bogyiszlói oder Csipös alma darunter. Unterdessen die Tomaten kurz in kochendem Wasser blanchieren und nach dem Abkühlen die Haut abziehen. Die angeröstete Zwiebel kurz vom Herd nehmen und das Paprikapulver einrühren. Nun die Paprikastücke zugeben, salzen und etwas anschmoren. Nach einigen Minuten die in Stücke geschnittenen Tomaten zugeben und zugedeckt weichdünsten. Für das Grundrezept ist man hier bereits fertig.
Varianten vom Letscho
Damit aus dem Letscho eine komplette Mahlzeit wird, fehlt nun noch die eine oder andere Zutat. Eine alte beliebte Variante, die schon Elek Magyar in seinen Kochbüchern erwähnt, ist Letscho mit Reis: hier gibt man circa 100 Gramm Reis und etwas Wasser zu der Gemüsemischung und lässt den Reis im Gemüsesaft mit aufquellen.
Die etwas deftigere Variante ist Letscho mit Wurst: hier gibt man nach Belieben noch etwa 200 Gramm in Scheiben geschnittene Dauerwurst oder Kochwurst hinzu und kocht diese mit. Bei der Würzung muss man eventuell etwas aufpassen, weil die Wurst zusätzlich Salz und eventuell Schärfe in das Essen bringt. In Ungarn gibt es übrigens sogar eine spezielle Lecsó kolbasz, die am ehesten einer Bockwurst oder Jagdwurst ähnelt. Nur Salami eignet sich kaum fürs Letscho.
Schließlich ist Letscho mit Ei eine typische Form für ein Hauptgericht. Kurz vor Garende verquirlt man die gewünschte Anzahl Eier, etwa 2 pro Person, und gibt diese dann über das Letscho. Nun rührt man weiter, bis die Eiermasse gestockt ist und das Letscho serviert werden kann. Man kann getrost reichlich Eier verwenden, da sich diese sehr gut in die gesamte Mischung integrieren und den Geschmack abrunden.
Angesichts der aktuellen Diskussion um „#wurstgate“ und mögliche Risiken für eine Krebserkrankung, die von Wurst ausgehen können, haben wir uns für ein komplettes Letscho mit Wurst und Ei entschieden und uns gleich eine Extrawurst gegönnt. Letscho schmeckt aber auch mit geringerem Wurstanteil. Bezüglich der Wurstdiskussion verweise ich gerne auf den Artikel von Johanna Bayer bei quarkundso.de, der die Ergebnisse der herangezogenen Studien realistisch einordnet.
Letscho als Beilage / Paprikagemüse
Natürlich eignet sich das Grundrezept vom Letscho als vielseitige Gemüsebeilage. Auf ungarischen Speisenkarten liest man übrigens in der Übersetzung ins Englische oder Deutsche anstatt Letscho gelegentlich die Bezeichnung ungarisches Ratatouille. Das ist ein nett gemeinter Erklärungsversuch, denn im weitesten Sinne ist ja Letscho auch ein weich gedünstetes Mischgemüse. Allerdings ist Ratatouille ein ziemlich feststehender Begriff, der doch eine etwas andere Geschmacksrichtung erwarten lässt. Hier sollte man wohl besser beim eigentlichen Namen Letscho (lecsó) für das ungarische Paprikagemüse bleiben, der international auch nicht mehr so völlig unbekannt ist.
Letscho empfiehlt sich hervorragend als Beilage zu Schnitzel, Kotelett, Bulette/Klops/Fleischpflanzerl (je nach regionaler Bezeichnung), ist aber auch zu Huhn oder Fisch sehr passend. Wenn das Letscho als Beilage vorgesehen ist, kann man die Menge des bei der Zubereitung verwendeten Bratfettes reduzieren.
Was ist mit Konserven-Letscho?
Konservieren ist durchaus ganz nützlich und war früher die einzige Möglichkeit, auch im Winter in ausreichender Menge an Paprika zu gelangen. Die Selbsterzeugung von Letscho zur Erntezeit ist auch weiterhin beliebt und eine sinnvolle Methode. Wer Zeit und Lust hat, kann sich in der Erntesaison selber einen Vorrat an Letscho anlegen und konservieren. Dafür bereitet man das Letscho nach Grundrezept wie für eine Beilage zu, also ohne Reis, Wurst und Eier. Das gegarte Letscho füllt man sehr heiß in Gläser ab und kann diese noch mit etwas Gänsefett oder Schmalz bedecken.
Sogar industrielles Konserven-Letscho ist besser, als man vielleicht von einem Fertigprodukt erwarten könnte. Man achte dabei aber darauf, dass ein hoher Paprikaanteil enthalten ist. In der Zutatenliste sollte Paprika vor den Tomaten stehen. Einfaches Konserven-Letscho enthält oft mehr preiswertere Tomaten. Das ist durchaus okay, entspricht aber geschmacklich nicht dem, was man von Letscho erwartet. Zudem enthält Konserven-Letscho normalerweise kein Schmalz oder Speck, so dass man dies für den Geschmack gegebenenfalls später zusetzen sollte. Weiterhin fehlen im Konserven-Letscho meist auch die Zwiebeln, sofern man nicht gerade ein spezielles Zwiebel-Letscho hat.
In Deutschland erhält man beispielsweise in manchen Märkten das Globus-Letscho. Auch wenn das im Globus-Markt wie ein Eigenprodukt erscheinen mag, hat die ungarische Traditionsfirma Globus mit dem gleichnamigen deutschen Supermarkt nichts zu tun. Online gibt es verschiedene Letscho-Konserven in diversen Shops, zum Beispiel bei Paprikaland.
Kurioserweise haben wir im Museum Culinarium der Domäne Berlin-Dahlem eine Konserve von Globus aus sozialistischer Zeit entdeckt, wo das Letscho sogar noch ansprechend aussah.
Weinempfehlung
Für ein simples Gericht wie Letscho genügt auch alltäglicher Wein. Zu der frischen Gemüsemischung wählten wir einen Weißwein und ähnlich wie beim Gemüse durfte es auch bei den Rebsorten diesmal eine Cuvée sein. Die Wahl fiel auf Aligvárom von Nyakas aus der Region Etyek-Buda. Die Zusammenstellung der Rebsorten Irsay Oliver, Chardonnay, Müller-Thurgau, Pinot gris sowie Sauvignon blanc enthält zwar viele verschiedene international bekannte Sorten, sorgt aber für einen sauberen, frischen und aromatischen Wein, der zu vielen Gelegenheiten passt. Diese Cuvée ist oft preiswert in ungarischen Supermärkten erhältlich. Alternativ eignen sich auch viele andere aromatische oder etwas säurebetonte Weißweine wie etwa Irsai Oliver oder Olaszrizling. Auch ein einfacher, direkt beim Winzer abgefüllter Olaszrizling bietet sich an.
Einen sehr interessanten Tipp hat noch BorStore Berlin parat: Rosé-Fröccs.
Wir essen es mit Pellkartoffeln, das hat mein Schwiegervater immer so gemacht. Er kommt aus Ungarn